![]() |
Hier dient der "grüne Punkt" nicht der Mülltrennung - oder doch? |
Was haben die Fahrstühle und der Speisesaal im Haus Pamir der Reha-Klinik Damp gemeinsam? Beide sind zu klein und geben gelegentlich Anlaß für Frustrationen bei den ... Fällen? (wegen der Fallnummer) ... Patienten? (weil Reha-Klinik)? ... Kunden? (weil diese den Wirtschaftsbetrieb mit monetärem Treibstoff versorgen) ... Gästen! Ich finde, Gäste ist ein guter Kompromiss und läßt ausreichend Platz für eigene Phantasie. Besonders die Größe der Fahrstühle ist ein echter Dauerbrenner im Haus Pamir.
Die Mahlzeiten werden in "Essengruppen" eingenommen. Ich gehöre zur Essengruppe 1. An meinem Tisch isst sonst noch die Essengruppe 3 sowie die Essengruppe 5. Seeleuten ist an dieser Stelle schnell klar, dass dieser Tisch offensichtlich an der Steuerbordseite des Speisesaals steht!? So jedenfalls meine Spekulation an dieser Stelle. Jede Gruppe hat 45 Minuten Zeit, dann stehen die nächsten Gäste auf der Matte bzw. vor dem Tisch. Freundliche und sehr fleissige Servierkräfte bringen uns dann z.B. das am Vortag ausgewählte Essen mittags an den Platz. Zu jedem Tisch gehört eine kleine Magnettafel mit vier Feldern (weil vier Plätze am Tisch). Entscheidet man sich z.B. für Gericht 3 (es stehen insgesamt vier zur Auswahl), macht man einen roten Button in das entsprechende Feld. Wer am nächsten Tag auf das Mittagessen verzichten möchte, heftet einen gelben Button an die Tafel. Morgens und abends gibt's Büffet. Zweimal die Woche sogar Orangensaft (Die und Do).
Für die Gäste im Haus Pamir stehen drei Fahrstühle zur Verfügung, die uns schnell und sicher (bisher jedenfalls) von der 1. bis zur 15. Etage transportieren. Alternativ dürfen wir auch die Treppe benutzen (das machen naturgemäß in der Regel nur diejenenigen, die es am wenigsten nötig haben), die hier als wettergeschützte Betonfluchttreppe ausgebaut ist. In einen Fahrstuhl passen sechs Personen, ohne sich gegenseitig zu berühren. Sind alles sechs Personen mit Gehilfen und Rucksäcken oder Umhängetaschen (für Therapieutensilien wie Handtücher, Therapieplan etc.) ausgestattet und vielleicht noch zwei oder drei körperlich etwas umfänglicher, ist sichergestellt, dass niemand umfallen kann. Ab acht Personen gestalten sich die sozialen Fahrstuhlbeziehungen zu Körpervollkontakten. Gerade zu den Mahlzeiten sind die Fahrstühle übermäßig ausgelastet und jemand wie ich, der von der 7. Etage ins Erdgeschoss möchte, wartet in der Regel lange, bis so ein Fahrkorb vorbei kommt, der dann aber meistens schon gut bis übermäßig frequentiert ist. Interessant dabei ist auch der Aspekt, wie unterschiedlich doch Rasierwasser, Parfüms oder Deos riechen; jedenfalls, wenn sie benutzt werden. Manch ein vom Warten zermürbter Mensch benutzt dann doch die im Längsgang links befindliche Feuertreppe. Der Fahrstuhl jedoch hält trotzdem in der Etage, kann er doch nicht erkennen, ob stoppauslösende Knopfdrücker nicht schon über alle Berge ist. Dies verlängert so manche Fahrt und führt hin und wieder zu bissigen Bemerkungen der Reisenden. Ich vermute, es handelt sich bei den Fahrstühlen um einen verdeckten therapeutischen Ansatz, der die individuelle Toleranz- und Frustrationsschwelle der Gäste analysiert und ausbauen möchte.
Worüber unterhalten sich denn so die Gäste einer Reha-Klinik beim Essen? Klar, über Krankheit. Präziser: Jeder sich über seine Krankheit. Manchmal reden wir auch übers Essen. Je nach dem, welche Symptomatik gerade präsenter ist. Das Essen an sich schmeckt mir leidlich. Mir fehlt aber z.B. das gewohnte mittägliche Salatbüffet der Truppenverpflegung in Hamburg. Manchmal schmeckt das Essen etwas fade, was ich aber als Ausdruck für eine besonders schonende Garweise einer besonders gehaltvollen Speise interpretiere. Die Mengen sind so bemessen, dass in den Cafes und Lokalen in Damp nicht mit einem Umsatzrückgang zu rechnen ist. Wer mag, bekommt Nachschlag. Wer auf Diät ist, eher nicht. Diesen Gästen bleibt dann aber als Überbrückung bis zur nächsten Speisung die Möglichkeit, im Cafe Haus Pamir oder im Café Passat mit lecker Eisvariationen oder Sahnekuchen (oder auch beides) das Hungergefühl ein wenig einzudämmen.
Ich geb's zu, ich hab' einen Fehler gemacht: Ich bin nicht zur Büffeteinweisung gegangen. Warum nicht? Na, ich dachte, ich weiß wie so ein Büffet funktioniert, bin schon groß und schaff' das auch ohne besonderes Trainingsprogramm. Tja, falsch gedacht. Denn die "Büffeteinweisung" folgt auch einem verdeckten Therapieansatz und informiert nicht über die Regeln des verträglichen Miteinanders am Büffet, sondern über die körperlichen Konsequenzen, die sich aus jeder Speise ergeben können. Deswegen ist über jeder Speise (vom Teebeutel bis zur Mettwurst) ein Zettel angeklebt, der die Gäste über den Kalorien- und den Fettgehalt, das Cholesterin und die Harnsäure genaustens informiert. Und so kommt es, dass z.B. eine Portion Salat irgendwie mit 29 mg Harnsäure kombiniert. Nun gehöre ich zu den Menschen, die genau solche Informationen für durchaus verzichtbar halten. Das Auge isst halt mit und manchmal die Phantasie eben auch ... Vielleicht frage ich morgen früh meine Tischgenossen mal diskret nach der Bedeutung des Harnsäurewerts unserer Brötchen. In diesem Sinne: Bon appétit!
![]() |
Als kleine Zwischenmahlzeit oder auch Ergänzungsnahrung halten Cafés ein umfangreiches Angebot reichhaltiger Speisen vor. Appetitfördernd sogar ohne Nährwert- und Harnsäureangaben. |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen